Das Schweizer Parlament erkennt den Völkermord an den Jesiden an
Am 17. Dezember 2024 erkannte der Schweizer Nationalrat offiziell die Massenverbrechen an den Jesiden, die 2014 vom Islamischen Staat (IS) verübt wurden, als Völkermord an. In einer wegweisenden Entscheidung verurteilte die Schweizer Legislative die systematische Gewaltkampagne, einschließlich Massenmorden, sexueller Gewalt, erzwungener Vertreibung und der Zerstörung kulturellen Erbes, die von der Terrorgruppe im Nordirak begangen wurde.

Mit einer Abstimmung von 105 Ja-Stimmen, 61 Nein-Stimmen und 27 Enthaltungen verabschiedete der Nationalrat eine Resolution, die nicht nur den Völkermord anerkannte, sondern auch die Schweizer Regierung aufforderte, auf internationaler Ebene aktiv für Gerechtigkeit und Wiedergutmachung für die jesidischen Opfer einzutreten. Die Entscheidung fiel nach einer kontroversen Debatte im Ausschuss für auswärtige Angelegenheiten des Parlaments (APK-N), wo der Vorschlag knapp mit 12 zu 10 Stimmen genehmigt wurde.
Die Resolution befasste sich speziell mit den erschütternden Ereignissen des 3. Augusts 2014, als der IS einen groß angelegten Angriff auf von Jesid*innen bewohnte Gebiete startete. Bei diesem Angriff tötete die Terrorgruppe über 5.000 jesidische Männer und Frauen, verschleppte etwa 7.000 Menschen und unterwarf unzählige andere sexueller Sklaverei und Zwangsübertritten. Das Schicksal von etwa 2.600 Frauen und Kindern bleibt unbekannt. Die Vereinten Nationen hatten diese Gräueltaten bereits 2016 als Völkermord eingestuft, doch die formelle Anerkennung des Schweizer Parlaments stellt eine bedeutende politische und moralische Erklärung dar.
Ein starkes politisches Signal
Befürworter der Resolution, darunter Sibel Arslan (Grüne/BS), argumentierten, dass die Anerkennung des Völkermords ein starkes politisches Signal gegen den islamischen Terrorismus sende und eine klare Botschaft über das Engagement der internationalen Gemeinschaft für Menschenrechte und den Schutz von Minderheiten darstelle. Arslan, Mitglied des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten, betonte die Wichtigkeit, die Täter für ihre Verbrechen zur Rechenschaft zu ziehen, und erklärte: „Die UNO hat dies als Völkermord eingestuft. Verschiedene Staaten haben diesem Aufruf gefolgt. Wir können nun dazu beitragen, sicherzustellen, dass diese Gräueltaten nicht straflos bleiben.“
Die Entscheidung markiert einen klaren Bruch mit der Position der parlamentarischen Minderheit, die sich gegen die Resolution aussprach. Pierre-André Page (SVP/FR), der im Namen der gegnerischen Gruppe sprach, argumentierte, dass die Anerkennung von Verbrechen dieser Art nicht in den Zuständigkeitsbereich des Schweizer Parlaments falle. Er warnte, dass solche Erklärungen einen „problematischen Präzedenzfall“ für die Zukunft schaffen könnten. Trotz dieser Bedenken lehnte die Mehrheit der Parlamentarier diese Ansicht ab und verabschiedete schließlich die Resolution.
Ein historischer Moment für die Jesiden
Die Anerkennung des Völkermords an den Jesiden durch den Schweizer Nationalrat stellt einen historischen Moment für das Jesidische Volk dar, das lange für die internationale Anerkennung seines Leidens gekämpft hat. Nach der parlamentarischen Abstimmung wurde die Schweizer Regierung damit beauftragt, die Resolution über diplomatische Kanäle zu verbreiten und sich für internationale Maßnahmen einzusetzen, um Gerechtigkeit und Entschädigung für die Opfer zu gewährleisten. Dazu gehört auch, die internationale Gemeinschaft dazu zu drängen, die Untersuchung und Strafverfolgung der Verantwortlichen für die von IS verübten Gräueltaten zu priorisieren.
Die Resolution forderte auch weiterhin Anstrengungen zur Bewahrung des kulturellen Erbes der Jesiden, deren religiöse Stätten und kulturelle Wahrzeichen von den IS-Truppen gezielt zerstört wurden. Viele Jesiden leben immer noch in Flüchtlingslagern, während andere gezwungen wurden, Zuflucht in Europa und darüber hinaus zu suchen.
Internationale Implikationen
Der Schritt der Schweiz ist im weiteren Kontext der internationalen Diplomatie und Gerechtigkeit von Bedeutung. Durch die formelle Anerkennung des Völkermords schließt sich die Schweiz einer wachsenden Liste von Ländern an, die Maßnahmen ergriffen haben, um die Schwere der Verbrechen gegen das ezidische Volk anzuerkennen. Diese Anerkennung könnte weiteren Druck auf andere Regierungen und internationale Organisationen ausüben, entschlossener zu handeln, um Gerechtigkeit für die Opfer der Terror-Kampagne des IS zu sichern.
Abschließend erinnert die Entscheidung des Schweizerischen Nationalrats eindrucksvoll an die fortwährende Notwendigkeit globaler Rechenschaftspflicht und Unterstützung für die Opfer von Völkermord. Obwohl der Schmerz und der Verlust, den die Jezid*innen erlitten haben, nicht rückgängig gemacht werden können, stellt diese formelle Anerkennung einen wichtigen Schritt in Richtung Gerechtigkeit sowie zur Bewahrung ihrer Geschichte und Kultur dar.
Zusätzlich möchte Ezidi Times unseren aufrichtigen Dank an die Gruppe von Jesiden-Anwält*innen und alle beteiligten Personen aussprechen, die unermüdlich daran gearbeitet haben, die Anerkennung des Völkermords zu erwirken. Ihr Mut und ihre Entschlossenheit, dieses Verbrechen ans Licht zu bringen, sind wahrhaftig inspirierend. Durch ihren Einsatz für die formelle Anerkennung streben sie nicht nur Gerechtigkeit für die Opfer an, sondern stellen auch sicher, dass das Leiden der Jesiden niemals vergessen wird.
Wir sprechen unseren besonderen Dank aus an…
Farhad Ismail
Fabian Molina
Delshad Ido
Nicolas Walder
Sibel Arslan
Sepan Ajo
Vielen Dank für Ihr unerschütterliches Engagement für Gerechtigkeit und für Ihren unermüdlichen Einsatz für die Anerkennung des Völkermords an den Jesiden.