Ezidisches Design auf kurdischem Laufsteg: Respekt oder kulturelle Aneignung?

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– Ehrt ein kurdischer Laufsteg das ezidische Erbe – oder riskiert er, es auszulöschen?

Vor Kurzem füllten sich die Instagram-Feeds mit Videos von der Ausstellung einer kurdischen Modedesignerin in Mailand. Das übergreifende Thema war es, Entwürfe zu präsentieren, die von „kurdischer“ Tradition und Kultur inspiriert sind. Stück Nr. 7 jedoch war eine traditionelle ezidische Frauenkleidung, die insbesondere von Ezidinnen im Irak getragen wird.

Zunächst, ganz persönlich und in einer idealen Welt, würde Ezidi Times diese Handlung als eine unschuldige und freundschaftliche Geste der Designerin interpretieren. Man könnte es so betrachten, wie etwas, das zwischen zwei befreundeten Völkern geschieht. Wenn zum Beispiel eine deutsche Modedesignerin Kleidungsstücke einbeziehen würde, die die niederländische, französische und italienische Tradition repräsentieren, so würde dies als respektvoll und freundschaftlich wahrgenommen werden. Wenn jedoch ein arabischer Modedesigner assyrische Trachten in eine Kollektion mit dem Etikett „arabische Trachten“ einfügen würde, hätte dies eine weitaus imperialistischere und aneignende Bedeutung. Ebenso: Stellen wir uns vor, ein aserbaidschanischer Designer würde armenische und iranische Trachten unter dem Label „von aserbaidschanischer Tradition inspirierte Mode“ verwenden. Würden Armenier und Iraner das mit Applaus begrüßen und sich „gesehen“ fühlen?

Ein Blick in die Online-Kommentare zeigt, dass sich viele durch die Aufnahme „gesehen“ und dankbar fühlen. Doch die Frage, die sich diese Menschen stellen sollten, lautet: Warum könnt ihr eure Kultur nicht selbst sichtbar machen? Warum braucht ihr einen Kurden, um eure traditionelle Kleidung zu präsentieren? Warum werden Eziden im Nahen Osten nicht wahrgenommen und nicht berücksichtigt, wenn Kulturen, Religionen und Ethnien in der Region gezeigt werden? Die Antwort ist klar: Ihr wurdet sowohl von irakischen als auch von kurdischen Mächten zensiert, verborgen und zum Schweigen gebracht. Die Araber wollen eine einheitliche arabische Identität im Irak darstellen, während die Kurden versuchen, die Identitäten aller Minderheiten in der Region zu stehlen (ja, zu stehlen), um der arabischen Erzählung eine künstliche kurdische Identität entgegenzusetzen.

Warum also wurden nur Eziden eingeladen, die enge Verbindungen zur kurdischen Politik haben, wie Düzen Tekkal und Wahhab Hasso? Warum wurden Nadia Murad, Pari Ibrahim, Natia Navrouzov, Khdr Hajoyan, Rustam Bakoyan und andere prominente Eziden nicht eingeladen? Mit anderen Worten: Warum waren nur jene Eziden anwesend, die ihre ezidische Identität wiederholt heruntergespielt haben, um der künstlichen kurdischen Erzählung zu dienen – jene, die den Eziden tatsächlich geschadet haben?

Eziden, auch ihr habt die Möglichkeit, Modedesigner, Influencer, Sänger, Schauspieler, Künstler und Fotografen zu werden – und unsere reiche ezidische Kultur selbst zu präsentieren. Ihr braucht keinen Kurden, Araber oder Türken, um eure Identität unter dem Deckmantel ihrer Kultur vorzuführen.

Als ein uraltes Volk mit alten Traditionen und hoffentlich ebenso tiefer Weisheit appellieren wir von Ezidi Times an euch, dieses Thema kritischer zu betrachten und die Gefahren solcher Handlungen für unser Volk zu erkennen. Wie lange wollt ihr euch noch kleiner machen und unterordnen? Wie lange wollt ihr eure Traditionen und eure Identität jenen überlassen, die selbst verloren sind und nach Wurzeln und Geschichte suchen? Und lasst euch nicht einreden, dass diese Gedanken „aggressiv“ oder „hasserfüllt“ seien: Es ist weder aggressiv noch hasserfüllt, sein kulturelles Erbe schützen und in Frieden gelassen werden zu wollen.

Eziden, wacht auf! Ist es das, wofür unsere Vorfahren seit Tausenden von Jahren gekämpft haben? Wollt ihr ihren Einsatz und ihr Andenken verraten, indem ihr euch den Eroberern unterwerft?


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